Standards lösen das Problem nicht, sagen die einen. Außerdem verlangt unser heutiges Umfeld offene Kommunikation ohne Grenzen. Stichworte: Globalisierung, Digitalisierung, Komplexität, New Work...
Die anderen klagen über Informationsflut oder Informationsunterdeckung und fordern Regelungen.
Was denn nun?
Nehmen wir den Straßenverkehr als Vergleich. Als es noch sehr wenige Autos gab, regelten die Verkehrsteilnehmer den Verkehrsfluss selbst. Mit Menschenverstand, Aufmerksamkeit und Rücksicht. Meist genügten Augenkontakt und Handzeichen.
Mit dem technischen Fortschritt und den steigenden Anforderungen an die Mobilität wuchs auch das Verkehrsaufkommen. Es passierten mehr Unfälle. Und trotz ausgebauter Straßennetze und schnellerer Autos entstanden immer mehr Staus. Der Straßenverkehr wurde schlichtweg komplexer. Augenkontakt und Handzeichen reichten nicht mehr aus.
Regeln wurden eingeführt sowie Ampeln und Verkehrszeichen aufgestellt, um mehr Verkehrsfluss und Sicherheit, aber auch ein besseres Miteinander im Straßenverkehr zu erreichen.
Genau wie der Straßenverkehr werden auch unsere Geschäftsprozesse schneller und komplexer. Immer mehr Menschen aus unterschiedlichen Fachrichtungen müssen immer mehr Wissen und Informationen teilen. Auch hier reichen im übertragenen Sinne Augenkontakt und Handzeichen nicht mehr aus.
Viele klagen über ein "Zuviel" an Information. Manche werden regelrecht mit Informationen überschüttet. Diese Menschen verschwenden viel Zeit damit, unnötige Informationen zu sichten, zu sortieren und sicherheitshalber irgendwo abzulegen. Die Qualität leidet: Wichtige Vorgänge gehen unter, es entstehen Blindleistungen und Rückfragen, aber auch Stress!
Zusätzlich sitzt man in vielen überlangen Meetings, in denen sie weder einen Beitrag leisten noch etwas für seinen Job mitnehmen kann.
Wäre es nicht schön, wenn man sich darauf verlassen, stets die aktuellsten Informationen schnell und unkompliziert dann zu ziehen, wenn sie sie braucht.
Das setzt allerdings einen gemeinsamen Rahmen, ein gleiches Verständnis für den Umgang mit Datenablagen, E-Mail, Besprechungen usw. voraus. Sprich: Standards oder Regeln für Meetings, E-Mail-Nutzung usw.
Regeln erfüllen in diesem Zusammenhang aber keinen dogmatischen Selbstzweck. Und sie lösen auch nicht die eigentlichen Probleme, sondern behandeln vielmehr nur die Symptome.
Regeln haben in diesem Zusammenhang zunächst nur die Funktion, Orientierung zu schaffen und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Bewegung zu setzen. Denn mit diesen Regeln oder auch „Leitlinien“ können alle Beteiligten die Merkmale einer „guten“ Kommunikation formulieren. Deshalb ist es wichtig, die Ausgangssituation zu berücksichtigen und die Betroffenen mit einzubeziehen, statt blind irgendwelche Regeln zu kopieren und von oben zu diktieren.
Wichtig ist außerdem, mit Augenmaß vorzugehen. Wir kennen genügend Beispiele, etwa aus dem Straßenverkehr, bei denen über das Ziel hinausgeschossen wurde. Vermeiden Sie Überregulierung. In Geschäftsprozessen und in der Kommunikation gilt: So viel wie notwendig, so wenig wie möglich regeln.
Stellen Sie also im übertragenen Sinne keine Ampeln auf, wo das Überqueren der Straße bzw. der Kreuzung unproblematisch ist. Und bauen Sie Schilder wieder ab, wo sie nicht mehr erforderlich sind.
Wenn Merkmale einer konstruktiven Kommunikation Teil der Unternehmenskultur sind, sich also im tagtäglichen Denken und Handeln manifestiert, dann braucht man sie nicht noch einmal auf ein Regelblatt zu schreiben.