Viele von Ihnen haben solche Meetings sicherlich schon erlebt: Teilnehmer kommen zu spät und sind dann auch noch schlecht vorbereitet, es wird viel diskutiert, ohne zum Punkt zu kommen. Die Zeit reicht nicht aus, so dass wichtige Themen und Entscheidungen auf der Strecke bleiben. In der „Nachspielzeit“ werden die wenigen Ergebnisfragmente noch hastig zusammengefasst und dem Protokollführer zugeschoben. Am Ende gehen alle frustriert auseinander.
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Sie mit diesen Erlebnissen nicht alleine wären: „Überflüssig, Zeitverschwendung, schlecht vorbereitet, unproduktiv und fehlende Ergebnissicherung“, sagten zwischen 30 und 70 Prozent der Befragten sinngemäß aus.
Man muss sich zudem vor Augen führen, dass ein Großteil der Meetings überhaupt keinen direkten Wert erzeugen. Das gilt übrigens auch für E-Mails, Videokonferenzen und andere Kommunikationsformen. Sie dienen oftmals dem Informationsaustausch, der Kommunikation, der Abstimmung und leisten damit nur indirekt einen Beitrag zur Leistungserbringung. Die eigentliche werterzeugende Arbeit muss dann meist außerhalb des Besprechungsraums geleistet werden. Das heißt, im schlimmsten Fall lässt ein einstündiges Meeting mit zehn Teilnehmern zehn Arbeitsstunden verpuffen.
Hat die „klassische“ Besprechung deshalb ausgedient? Schließlich gibt es doch im Zeitalter der Digitalisierung viel effizientere Möglichkeiten. Ich denke nicht, denn meines Erachtens greift der Blick durch die Kostenbrille viel zu kurz. Bei der Kommunikation geht es zunächst darum, ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erzielen (Produktivität und Effektivität).
Die persönliche Zusammenkunft ist in vielen Fällen immer noch die beste Wahl, wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln, Probleme zu lösen, Entscheidungen zu treffen und Aufgaben abzustimmen. Der Einsatz von Kommunikationstechnik, wie etwa die Videokonferenz, bietet sich als Alternative an, wenn räumliche Distanzen überbrückt werden müssen. Asynchrone Ping-Pong-Medien, wie zum Beispiel die E-Mail, sind jedenfalls am wenigsten für den Austausch geeignet. Das gilt besonders für die Kommunikation in komplexen Arbeitsprozessen und Projekten, in denen nicht nur vielfältige Fachkompetenzen und Fähigkeiten zusammengebracht werden müssen, sondern auch verschiedenartige Menschen. Erst an zweiter Stelle gilt es, den Aufwand, zum Beispiel in Form von Arbeits- und Reisezeit, gering zu halten (Effizienz).
Eine Frage der Kultur
Sie können natürlich immer wieder über sinnlose Meetings klagen, das Zuspätkommen mit erhobenem Zeigefinger rügen oder alle Kollegen zur disziplinierten Einhaltung der Besprechungsregeln ermahnen, die in irgendwelchen Schubladen verstauben. Solche halbherzigen Aktionen werden aber höchstens den Wirkungsgrad einer Kopfschmerztablette haben. Denn wir reden hier von menschlichen Verhaltensweisen, die wiederkehrend in der täglichen Kommunikation, ergo auch in Besprechungen oder Videokonferenzen, zutage treten und in der Regel nur Symptome sind. Dahinter können banale Ursachen liegen. Sie können aber auch Ausdruck von Werten und Einstellungen in der sozialen Einheit Unternehmen sein und sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben. Deshalb spreche ich auch bewusst von Besprechungskultur (oder Kommunikationskultur im weiteren Sinne). Und die lässt sich nicht auf Knopfdruck abschalten oder verändern, geschweige denn dass man ihr einfach Best Practice-Lösungen bzw. Standards überstülpen kann.
Da ist eher ein Veränderungsprozess notwendig, eine schrittweise Verbesserung der Verhaltensweisen. „Kaizen“ bzw. „KVP“ (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) kann hierbei als systematischer, strukturierter Ansatz eine hilfreiche Herangehensweise sein.
Kaizen für die Besprechungskultur
Welcher Weg hin zu produktiven und effizienten Meetings führen kann, erfahren Sie in einem separaten Artikel: Kaizen in der Besprechungskultur